#62 Good vibes only? Stop! Bitte nicht!
Hast du schon mal den Spruch “Good Vibes Only” gesehen? Ich habe das Gefühl, dass es jetzt überall zu finden ist… Ich finde es mittlerweile auch wirklich störend, denn es schickt die falsche Message und wir haben auf einmal ganz komische Erwartungen an uns selbst. Good Vibes Only macht uns krank!
Wie oft hast du dich schlecht gefühlt, wenn du dem Spruch nicht treu bleiben konntest?
Wo kommt es her, dass wir unzufrieden sind, sobald wir etwas anderes spüren als Glück? Wie realistisch ist es, dass wir immer und nur Glück empfinden können?
Wo haben wir es eigentlich gelernt, dass dieses good vibes only als Maßstab gelten soll?
Ich denke, da sind wir alle zusammen an Board und tuen uns da schwer. Und dennoch, dieser Kampf mit good vibes only ist absolut von uns kreiert. Wir brauchen es nicht…
Schlechte und negative Gefühle sind nicht nur in Ordnung, sie sind auch absolut berechtigt. Wir brauchen sie oft dafür, dass es uns signalisiert, dass irgendwas nicht stimmt, oder dass wir etwas verändern. Wir dürfen uns schlecht fühlen, wenn es uns schlecht geht. Genau so wie wir glücklich sind, wenn es uns gut geht.
Wenn du diese Gefühle künstlich unterdrückst, bist du im direkten Kampf mit dir selbst. Und das, glaube mir, bedeutet nichts Gutes. Du lässt irgendwas nicht zu, was eine Berechtigung hat und somit kann das weder verarbeiten, noch damit abschließen.
Ich habe dafür eine gute Frage zum Nachdenken, und ich will dass du wirklich kurz überlegst, was für eine Antwort du dazu hast.
Wenn dein Körper und dein Geist traurig sein wollen, und dir einredest Glück zu empfinden. Was bist du dann? Was spürst du in dem Moment? Welche Gefühle empfindest du?
Wenn dein Körper und dein Geist traurig sein wollen, und dir einredest Glück zu empfinden. Was bist du dann?
Bist du glücklich? Nein, nicht wirklich… Du DENKST an Glück, du bist es aber erstmal nicht. Bist du traurig? Nein, auch nicht wirklich, denn du denkst an Glück. Aber was ist denn deine Motivation, glücklich zu sein in dem Moment? Ist es, weil du etwas glücklich erlebt hast? Ist es, weil dir etwas Tolles passiert ist? Nein, es ist, weil du traurig bist, das irgendwo in dir spürst, und dabei aber glücklich sein möchtest. Was ist das für eine Zweckmühle??? Du bist weder traurig, noch glücklich, obwohl beide Gefühle jetzt auf einmal da sind, keins von den beiden wird wirklich zugelassen, und dein Körper aber gibt dir absolut klare Signale, was jetzt stattfinden soll. Und du hörst nicht zu!
Alle Gefühle sind in Ordnung! Trauer ist in Ordnung Glück ist in Ordnung Freude ist in Ordnung Angst ist in Ordnung Leichtigkeit ist in Ordnung Schmerz ist in Ordnung
Alle Gefühle haben ihre Berechtigung.
Wir dürfen also alle Gefühle ausleben. Die Frage ist: Leiden wir darunter? Und ich glaube das ist eben die aller wichtigste Frage dabei.
Positive Denkweise, Leichtigkeit im Mindest sind absolut gute Ziele und ich strebe das auch immer an. Dies bedeutet aber auf gar keinen Fall, dass ich immer nur noch happy bin. Was das eigentlich bedeutet, ist dass ich nicht unter meinen Gefühlen leiden möchte. Ich arbeite vor allem daran, nicht in der Opferrolle zu stecken, und ich lasse zwar alle Gefühle zu, hole aber innerlich schon die Verstärkung von meiner Einstellung, dass es wieder anders sein wir, dass ich das managen kann und dass mein Glück in meiner Hand liegt.
Alle Gefühle wollen einfach anerkannt werden, sie sind wie ein verletztes Kind und brauchen dann unsere Aufmerksamkeit. Geht es mir schlecht? Ok, warum? Was passiert gerade? Was soll ich mir genauer anschauen? Geht es mir gut? Super! Warum? Wie kann ich da ansetzen? Wie kann ich mehr davon empfinden? Trauere ich? Sehr schön… Ich lass mir meine Zeit, um diese Phase möglichst ohne Widerstand zu überstehen, denn mein Körper macht schon so viel und ich brauche keinen innerlichen Stress.
Lass alle Gefühle zu, lass sie zu… Es gibt keine SCHLECHTEN oder GUTEN Gefühle. Das ist unsere Wertung. Das sind die Begriffe, die Wörter, die Denkweisen, die es seit Ewigkeiten gibt, aber es gibt nicht wirklich Gefühle die nur schlecht sind, oder nur gut… Außerdem, gäbe es die schlechten Gefühle nicht, dann hätten wir auch keine guten Gefühle, denn wir hätten nicht mehr diesen Vergleich. So gäbe es nur… Gefühle! Und eigentlich ist es auch so.
Am besten erkennst du einfach, was DIR gut und schlecht tut, was dich weiter bringt, was dich runterzieht und dann, erst dann handelst du. Aber ohne dass du diese Gefühle zulässt, durchlebst und erkennst, kannst du das gar nicht machen. Verteufele die dunklen Gefühle nicht, lerne daraus. Nimm sie als Signal, verändere etwas, lass sie zu. Diese Gefühle signalisieren dir etwas! Und es bedeutet auch nicht immer, dass irgendwas in DEINEM Leben falsch läuft. Wenn du trauerst, weil du jemanden verloren hast, dann signalisiert dein Körper, dass du vielleicht ruhiger machst, dich vielleicht mehr erholst. Lass es zu! Wenn du aber jeden Tag miserabel bist, dann signalisiert das wohl auf eine Veränderung, schau da hin, geh tiefer in deinen Schmerz: Was ist gerade, was dieses Gefühl auslöst.
ARBEITE MIT DEINEN EMOTIONEN. Und dann, steuere dein Leben anhand von deinen Erkenntnissen.
Und du darfst, bzw. sollest positiv bleiben. Aber das ist etwas anderes als good vibes only! Positiv bleiben bedeutet, dass du deine Emotionen wohl auslebst und damit arbeitest. Dass du nicht einfach mitläufst, sondern das selbst steuerst. Positiv denken bedeutet, dass du nicht sofort dein ganzes Leben abschreibst, wenn du einen schlechten TAG hast. Das bedeutet, dass du weisst, du kannst Dinge auch verändern, das bedeutet, dass du dein Potential erkennst. Es bedeutet aber NICHT, dass du nie schwach oder traurig oder verzweifelst sein darfst. Weine, wenn es dir nach weinen ist, fühl dich einsam wenn es nach Einsamkeit ist, werde wütend, wenn Wut aufkommt aber dann - atme tief durch und erkenne das Gefühl. Begrüße es und führe ein Gespräch mit dem Gefühl.
Was willst du mir sagen, Wut? Warum fühle ich mich so, Einsamkeit? Was soll ich machen, Kummer, sodass es mir wieder besser geht? Wo will ich hin, Trauer, denn du lenkst mich wohl?
Du darfst positiv bleiben, du darfst verstehen, dass du in jeder Situation lernen kannst, du darfst positiv bleiben, denn du bist so wunderbar, so wandelbar und so einzigartig. Aber verwechsle das bitte nicht damit, irgendwelche Gefühle unterdrücken zu müssen!
Wir bekommen das aber permanent vermittelt, dass unser Leben nur dann vollständig und “RICHTIG” ist, wenn wir glücklich sind.
Vor allem, social media bringt uns das bei. Aber denkst du, dass die Message da ist, damit es DIR besser geht? Nicht wirklich. Social media will, dass du bestimmte Gefühle fühlst, bestimmte Dinge kaufst, bestimmten Content konsumierst. Es ist recht gefährlich, wenn wir nicht aufpassen. Und ich glaube die wenigsten schaffen es wirklich, absolut bewusst auf social media zu bleiben. Ich glaube es ist nahezu unmöglich, die ganze Zeit dem entgegen zu wirken. Und ich glaube dass der Spruch oder der Aufruf zu Good Vibes Only durch die Medien mittlerweile richtig penetrant gepusht wird.
Warum ist es denn so wichtig, dass wir diese Message verinnerlichen? Social media will uns etwas verkaufen. Und wenn wir nie so richtig zufrieden sind, bzw. denken es nicht zu sein, dann werden wir auf Dauer auf der Suche sein. Mehr konsumieren, länger sich anderes fremdes Glück als Ziel setzen, sich mit anderen vergleichen… Und was passiert dann? Wir werden unglücklicher, aber was denken wir, wie sollen wir sein? Good Vibes Only, also geht der Kreis von vorn los.
Es ist aber absolut unrealistisch! Nicht nur unrealistisch, sondern auch krank und unnatürlich. Ich könnte es Tausend Mal am Tag wiederholen: Alle Gefühle sind berechtigt! Lass sie zu. Und mach sie zu deinem Lehrer, zum Wegweiser zur Motivation.
Ich will persönlich ein vollständiger Mensch sein. Ein Mensch, der selbst denkt, ein Mensch der erkennt, dass alle meine Facetten in Ordnung sind. Aber ich bin auch ein positiver Mensch, und vor allem das Zulassen von allen Gefühlen ermöglicht mir mehr Glück, mehr Ruhe und mehr Frieden mit mir selbst.
Es gibt auch einen tollen Spruch, der mag vielleicht etwas kitschig sein, aber der bringt es genau auf den Punkt:Ohne Regen gibt es keinen Regenbogen.
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